Samstag, 20. Mai 2017

Schreibarbeit und Sonnenschein.


Während für Berlin Sonnenschein angesagt ist, hat in Beirut das Wetter beschlossen eine kleine Sommerpause einzulegen und stattdessen für Regen zu sorgen. Ein guter Tag, um die letzten Korrekturen an meiner Hausarbeit vorzunehmen, und nach drei Wochen endlich wieder einen neuen Blog zu schreiben.
Zwischen Recherchen und Schreibarbeit verbrachte ich – auf ein Neues - einen Großteil meiner Zeit in Bibliotheken und Cafés, um mich dem Fall um Elor Azaria und seinen ethischen Dimensionen zu widmen. Entstanden ist ein buntes Potpourri historischer Abhandlungen über das Thema 'Töten zur Selbstverteidigung', die ich mit meinen eigenen Gedanken ergänzt habe. Am kommenden Montag werde ich die Arbeit im Unterricht in einer kurzen Präsentation vorstellen – Die letzte Arbeitsleistung, die ich für die Hochschule erbringen muss. Danach beginnen die letzten drei Wochen, in denen ich mich schließlich vom Libanon verabschieden muss. Doch zurück zu den vergangenen Wochen..
Work work work work work...
Der April endete mit einem Ausflug nach Byblos, den Maxie, Miriam und ich antraten um eine kleine Buchmesse in der Altstadt zu besuchen. Die Messe entpuppte sich als noch viel kleiner als erwartet, und dennoch fand der ein oder andere Artikel seinen Weg in meinen Rucksack. Miriam ist eine holländische Theologiestudentin, die für lediglich acht Wochen im Land ist, um für ihre Masterarbeit zum Thema Flüchtlinge zu forschen.
Laternen gegen den Krieg




Bei Burger und Pommes genossen wir den gemütlichen Tag in der Sonne, bevor wir uns am frühen Abend auf den Rückweg nach Beirut machten, um dort an einer Veranstaltung der städtischen Initiative 'Beirutiyat' teilzunehmen. Am Meer wurden kleine leuchtende Papierballons in den Himmel steigen gelassen, um ein Zeichen für die libanesische Einheit zu setzen und um an die Schrecken des Bürgerkrieges zu erinnern. Während in Deutschland bei einer vergleichbaren Veranstaltung die Ballons vermutlich nur von professionellem Personal in die Lüfte gelassen werden dürften, hatte hier jede_r Gelegenheit, ein Licht mit Hilfe von freundlichen Ordnern steigen zu lassen. Wenngleich der ein oder andere Ballon nicht sofort seinen Weg in den Himmel fand und zunächst
Demo für die Hausangestellten
drohte, in kleine Menschengruppen zu fliegen, stiegen schlussendlich doch alle Lichter ohne größere Vorkommnisse nach oben.
Am nächsten Morgen begeben wir uns auf eine Demo, die
am Vortag des 1. Mais im Zeichen der Hausangestellten steht. Sie kommen meist aus Äthiopien, Eritrea oder von den Philippinen und gehören in wohlhabenden Familien zum 'Standard'. Die Arbeits- und Lebensbedingungen allerdings sind meist miserabel, Rechte so gut wie nicht vorhanden. Also solidarisieren wir uns für einige Stunden, bevor wir am Meer zurück nach Hamra spazieren.
Nach einer lernintensiven Woche leiten Maxie und ich das Wochenende mit einem Abend im Mezyan ein, einem Restaurant in dem am Wochenende zu später Stunde meist irgendwann
Entspannen am Strand von Tyros.

zu arabischer Musik auf den Tischen getanzt wird. Am Sonntag fahren wir außerdem in den Süden nach Tyros. Nach ein paar Stunden Unikram bei Dunkin' Donuts mit Blick aufs Meer legen wir uns wenig später noch eine Weile an den Strand.
In der zweiten Woche halten Maxie und ich eine Andacht zum Thema Rechtspopulismus, hören einen spannenden Vortrag über Palliativmedizin im Ethik-Seminar und sehen den spannenden ägyptischen Film 'Mawlana' im Kino.
Das Wochenende beginnt mit einem gemütlichen Abend mit der N.E.S.T Community im 'Soul-Café', das im Gemeinschaftsraum des Hauses stattfindet. Es wird gesungen, getrommelt und erzählt. Clemens spielt ein improvisiertes Lied über den Studienalltag auf dem Klavier, ich lese eine der wenigen Geschichten, die ich je auf Englisch geschrieben habe und Nina, die aus Neuseeland kommt, bringt uns ein Lied auf Maori bei.
Enfeh
Nachdem wir zu Beginn unseres Studienjahres zum 'Spiritual Retreat' für ein Wochenende in das malerische Dorf Douma fuhren, gibt es auch zum Ende des Jahres einen kurzen Ausflug mit der Hochschulgemeinschaft. Am frühen Samstagmorgen fahren wir mit dem Bus nach 'Enfeh'. Maxie geht es bereits am Morgen kreislauftechnisch eher mäßig, und nach einer dreiviertel Stunde Fahrt beschließt sie kurzerhand wieder auszusteigen und nach Beirut zurückzufahren.
Enfeh ist ein kleiner Küstenort in der Nähe von Tripoli, in dem es sich ein bisschen anfühlt wie in Griechenland. Weiße kleine Häuser mit blauen Türen und Fensterrahmen stehen am Wasser, roter Mohn blüht auf den Wiesen, die Sonne strahlt pausenlos. Wir spazieren durch den Ort, in dem – wie man mir versichert – ausschließlich Christen leben, besuchen
Enfeh II
Kirchen und Klöster und singen gemeinsam ein paar Lieder. Eine gute Gelegenheit, inmitten der Hausarbeitenphase eine kleine Pause einzulegen. Den Abend lassen Maxie – der es mittlerweile wieder gut geht – und ich bei einem Barbecue auf einem Dach irgendwo in Ashrafiyeh ausklingen.
Auch in der vergangenen Woche habe ich einen Großteil der Zeit mit meiner Hausarbeit verbracht. Am vergangenen Donnerstag hielten Maxie und ich unsere letzte Andacht, die wir mit einem kleinen Jahresrückblick und einerTanzeinlage verbanden: Eines der Lieder, das  wir regelmäßig mit den Kindern im Flüchtlingslieder singen und tanzen ist der „Pinocchio-Tanz“. Um unsere Kommilitonen auch an diesem Ausschnitt unseres Alltags im Libanon teilhaben zu lassen, luden wir auch sie in der Andacht dazu ein, gemeinsam mit uns zu tanzen.
Ursprünglich war für heute ein Ausflug in die Stadt Zahle in der Bekaa-Ebene geplant, der allerdings wegen des Regens nicht zustande kam. Morgen werde ich mich mit einer Gruppe von N.E.S.T Studierenden zum sogenannten N.E.S.T-Sunday in eine Kirche in der
Klosterfenster irgendwo bei Enfeh
Innenstadt begeben, um dort einige meiner Erfahrungen des Studienjahres zu teilen. Der „N.E.S.T-Sunday“ findet an mehreren Sonntagen statt und soll jeweils kleinen Gruppen von Studierenden die Möglichkeit geben, in verschiedenen Kirchen von der
Lernen mit Kaffee und Rüblikuchen..
Hochschule zu erzählen und für sie zu werben. Außerdem steht morgen bereits das letzte Abschiedsbier mit Lydia auf dem Programm, da sie bereits am kommenden Mittwoch nach Deutschland zurückfliegen wird. Die Zeit rennt, und ich weiß nach wie vor nicht wo es mich hinführt, allerdings habe ich mittlerweile immerhin eine Route für meine Rückreise geplant:In den letzten zehn Tagen wird mich mein guter Freund Paul besuchen kommen, mit dem ich gemeinsam nach Athen fliegen werde. Von dort werden wir – wenn alles klappt wie ich mir das vorstelle - bereits in den frühen Morgenstunden einen Bus nach Dürres in Albanien nehmen. Dort werden wir eine Nacht bleiben und
Abschied von Lydia. <3
am nächsten Tag hoffentlich Zeit finden, die Stadt ein wenig zu erkunden. Am Abend darauf werde ich mit der Fähre sechsunddreißig Stunden nach Triest in Italien fahren. Auf den Teil der Reise freue ich mich am meisten. Als ich vor drei Jahren eine vergleichbare Rückreise auf dem Landweg antrat, gefiel mir die Fährenfahrt von Patras nach Venedig so gut, dass ich mir fest vorgenommen hatte bald wieder einige Sommertage auf dem Wasser zu verbringen. Von Triest werde ich mit dem Bus über Wien zurück nach Berlin fahren. Ich bin sehr gespannt auf die Reise, und freue mich vor allem, nicht bereits nach vier Stunden Flugzeit wieder in Berlin zu landen. Jetzt aber bin ich zunächst glücklich, heute meine letzte schriftliche Studienleistung für das Jahr im Libanon erfolgreich hinter mich gebracht zu haben, und freue mich sehr auf die letzten drei Wochen in diesem Land, das mir in den letzten Monaten ein zu Hause gewesen ist.

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