Nach einer letzten
Minzlimonade hat sich Jan mit dem Auto auf den Weg zum Flughafen
gemacht, um zurück in den Norden Deutschlands zu kehren. Zwei
ereignisreiche Osterferienwochen liegen hinter mir. Mit meiner
Rückkehr in den Beiruter Alltag endet nun auch die dreiwöchige
Blog-Pause.
In den Tagen vor Jans
Ankunft bin ich vornehmlich mit einem kurzen Essay und einer Klausur
für die Uni beschäftigt. Dazwischen liegt außerdem ein kurzer
Ausflug in das Begegnungszentrum 'Dar as-Salam', in dem ich mich
gemeinsam mit meinem Kommilitonen Clemens einen Tag lang der
Betreuung von fünf Kindern widme. Unter Leitung der
Kinderbetreuung
deutschen
Gemeinde in Beirut findet dort ein Treffen der deutschen Pastoren statt, die
in Gemeinden im Nahen Osten tätig sind. Für einen Tag übernehmen
Maxie und Lydia die Kinderbespaßung, den zweiten Tag sind wir dran.
Wir bemalen Ostereier, spielen Raumschiff-Expedition und 'Militär',
und ich darf regelmäßig als Pferd durch den Garten galoppieren
und die tobenden Piraten und Weltraumforscher auf meinem Rücken
transportieren. Ein anstrengender und dennoch schöner Tag, der für
eine gelungene Alltagsabwechslung sorgt. Während unseres
Aufenthalts begegnet mir Torsten, ein junger Pfarrer der derzeit in
Jerusalem tätig ist. Nachdem er mich mehrmals bittet, ihm am Wochenende
die Stadt zu zeigen, nehme ich mir letztlich einige Stunden Zeit, um mit ihm
durch die verlassene
Urlaub im Auto
Baalbek
Altstadt und das Ausgehviertel Gemmayzeh zu
spazieren, und zwischendurch das Sursock-Museum zu besichtigen.
Außerdem ist in der ersten Aprilwoche meine Schulfreundin Rike im
Land, mit der ich mehrere Abende mit langen Gesprächen und gutem
Essen verbringe. Bis endlich das Wiedersehen mit Jan ansteht, den ich
zuletzt im Januar bei meinem Besuch in Deutschland gesehen hatte. Mit
meinem großen roten Koffer, Wasserkocher und allerlei Krimskrams
verlasse ich für zwei Wochen die N.E.S.T, und ziehe zunächst in ein
kleines Apartment im östlichen Stadtteil Ashrafiyeh, in dem ich
gemeinsam mit Jan unterkommen kann. In den ersten Tagen habe ich
noch einige Uni-Angelegenheiten zu klären: Eine Klausur,
Arabischunterricht und ein österlicher Gottesdienst im Rahmen der
Hochschule stehen auf dem Programm, bevor wir Zeit finden um Beirut
zu verlassen und gemeinsam mit Maxie und ihren Freunden Lena und
Arian das Land zu bereisen. So beginnt der Urlaub entspannt mit ein
paar Spaziergängen durch die Stadt, mehreren Kinobesuchen und einem
kleinen Ausflug in die Jeita-Grotte.
1962 vs. 2017
Bereits am Wochenende steht der
erste größere Ausflug an, der uns in die Bekaa-Ebene nach Baalbek
führt. Während Lydia und Maxie die Stätte bereits auf einem
früheren Ausflug besichtigt hatten, bietet sich mir das erste Mal
Gelegenheit, die beeindruckenden Bauten zu bestaunen. Nachdem mein
Vater bereits auf einer Busreise von Deutschland nach Jerusalem im
Jahr 1962 einen Zwischenstopp in Baalbek einlegte, habe ich nun die
Möglichkeit, eine seiner alten Fotografien am Originalschauplatz
nachzustellen. In der Nacht zum Ostersonntag machen sich Lydia, ihr
Freund Christian, Jan und ich auf den Weg durch Beirut, um einen
orthodoxen Osternachtsgottesdienst ausfindig zu machen.
Batroun
Bei unserem
Streifzug durch die Stadt soll sich allerdings herausstellen, dass
lediglich die maronitischen Kirchen einen Mitternachtsgottesdienst
anboten. Also lassen wir uns nach mehreren Versuchen letztlich in
der großen maronitischen Saint Georges Kirche nieder, um die
Prozession zu beobachten. Die kommenden zwei Tage genießen Jan und
ich die Zweisamkeit bei Kaffee am Meer in der Sonne, bevor wir uns
auf unsere Fahrt durchs Land machen. Maxie, Lena und Arian holen uns
am Dienstagmorgen mit dem kleinen Auto ab, in dem uns Maxie in den
kommenden Tagen über die holprigen Straßen kutschiert. Wir beginnen
mit einem späten Frühstück in der kleinen Küstenstadt Batroun.
Jan und Arian können es sich nicht nehmen lassen, von einer kleinen
Brücke ins türkisblaue Meer zu springen, das uns von allen Seiten
anzulächeln
Wanderung durchs Qadisha-Valley
scheint. Ein malerischer Ort, den wir wenig später
erneut von oben betrachten, als wir wie vor einigen Wochen das
leerstehende und unfertige 'Meeresinstitut' besteigen, um den Blick
über die Dächer zu genießen. Wir fahren weiter nach Bsharre, den
Herkunftsort des Dichters Khalil Gibran, in dem wir die kommenden
zwei Nächte in einem kleinen Motel in einem Fünferzimmer
unterkommen. Von dort machen wir einen kleinen Spaziergang durch ein
Zedernreservat, und eine große Wanderung durch das zauberhafte
Qadisha Tal. Auf den Bergen liegt im Norden noch Schnee, die
Wasserfälle plätschern fröhlich und der Frühling sorgt für
angenehme Temperaturen.
Auf der Weiterfahrt in
den Süden machen wir
in der Nähe der Jeita-Grotte Halt, um die
'Hall of Fame' zu besuchen: Ein Wachsmuseum mit
Hassan Nasrallah und Bill Clinton aus Wachs
prominenten Figuren,
die sich dank moderner Technik nicht nur bewegen sondern auch
sprechen und singen. Ein bizarrer Anblick, den Hisbollah-Chef Hassan
Nasrallah neben den ehemaligen U.S Präsidenten Bill Clinton und
George W. Bush in einem Raum vereint anzutreffen. Im südlichen Tyros
beziehen wir eine geräumige Air'bnb Wohnung mit Blick aufs Meer.
Lydia und ihr Freund Christian stoßen am Abend zu uns, und wir
beenden den fahrtintensiven Tag mit dem Kartenspiel 'Wizard' und
einem Bier an der Küste. Der
Besuch im Hisbollah-Museum
kommende Morgen führt uns erneut ins
Hisbollah-Museum, bevor wir an den Strand von Tyros fahren, und den
Rest des Tages in der Sonne genießen. Jan und Arian finden am Strand
Verbündete zum Fußball spielen, während ich eifrig Muscheln sammle
und Maxie und Lena eine kleine Selfie-Reihe machen. Auch am kommenden
Tag kehren wir bei 32 Grad an den Strand zurück, doch trotz der
Hitze lässt es sich an diesem Tag nur kurz am Meer aushalten, weil
der Wind den Sand mit aller Kraft durch die Lüfte wirbeln lässt.
Am Strand von Tyros
Unglücklicherweise kollidiert mein Zeh kurz vor der Weiterfahrt mit
einem Stein, und während Arian die eigentlich kleine Wunde
professionell verarztet, falle ich bereits zum zweiten Mal im Laufe
der letzten Monate in Ohnmacht. Blut sehen war leider noch nie meine
Stärke. Für eine Falafel und einen Kurzbesuch der alten Souks
machen wir Halt in Saida, bevor wir am Abend nach fünf Tagen nach
Beirut zurückkehren. Nach einer kurzen Pause und unserem
wiederholten Check-In in unserem Air'bnb in Ashrafiyeh beenden wir
die gemeinsame Reise mit einem Bier in Mar
Bier in Mar Mikhael
Mikhael. Nachdem Jan und
ich uns am kommenden Tag von der Reise erholen und das Haus lediglich
für einen kurzen Einkauf verlassen, beschließen wir kurzerhand für
die letzten Tage seines Aufenthaltes erneut ein Auto zu mieten. Die
Benzin- und Mietautopreise sind günstig, und der Wagen macht uns im
Land wesentlich flexibler. Am Montag beginnen wir unsere zweite Tour
mit einem Frühstück auf den Ruinen des Tempels von Eshmun, einer
alten Stätte der Phönizier. Wir sind – wie so oft – die
einzigen Touristen und spazieren mit meinem Reiseführer von 1998
durch die Anlage, der uns Auskunft über die Geschichte des Ortes
gibt. Im Anschluss
Tempel von Eshmun
fahren wir erneut in den Süden, um die
Wasserfälle von Jezzine zu besichtigen und eine unfertige Kirche zu
besuchen. Zwischen Müll und Wasserfall klettern wir über die
Steine, und bestaunen den Ausblick auf die Berge. Mit dem Film
'Oceans 11' und Pasta mit Champignon-Tomaten-Sojasahnesoße geht der
Tag friedlich zu Ende. Unser letzter Ausflug führt Jan und mich in
das Shouf-Gebirge, das vornehmlich von Drusen und Maroniten bewohnt
wird. Dort führt uns Google maps über Umwege durch das Gebirge nach
Deir al-Qamar, eine kleine maronitisch geprägte Stadt, in der wir
unter anderem eine leerstehende Synagoge besichtigen. Auf dem Weg in
das ehemalige Gotteshaus werden wir von einer freundlichen Dame
angesprochen, die uns die Synagoge zeigen möchte und uns wenig
später auf einen Kaffee in ihr Haus einlädt. Gemeinsam mit ihrem
Mann lebt sie in einem alten
Ehemalige Synagoge in Deir al-Qamar
Kirchgebäude. Als wir das Gebäude
betreten, treffen wir auf eine weitere Reisegruppe junger Tänzer,
die ebenfalls von dem freundlichen Paar eingeladen wurden. Eine gute
Gelegenheit, ein wenig Arabisch zu hören und zu sprechen und
außerdem selbstgemachtes Rosenwasser und Apfelsaft aus der
hauseigenen Produktion zu erwerben.
Nach meinem dritten Glas
türkischem Kaffee
Palast von Beit Eddine
brechen wir auf, um den Palast von Beit Eddine zu
besuchen, der nur wenige Kilometer vom Ort entfernt liegt. Ein
prächtiger Bau, in dem es viele Ornamente, Farben und Formen zu
entdecken gibt. Zuletzt steht ein erneuter Besuch in Bakata an, einem
kleinen drusischen Ort in der Nähe. Dort befindet sich der mystisch
angehauchte drusische Friedhof, den Maxie und ich bereits vor einigen
Monaten besichtigen konnten. Wie beim letzten Mal gehe ich in den
gegenüberliegenden Friseursalon, um nach dem Schlüssel für das
Areal zu fragen. Bedauerlicherweise ist der Chef des Ladens nicht
anwesend, und so werden wir zunächst auf den kommenden Tag
vertröstet. Da Jan am nächsten Tag jedoch
Auf dem drusischen Friedhof
bereits abreisen muss,
laufen wir eine Weile um den abgesperrten Friedhof herum, um immerhin
von Außen ein paar Symbole und Elemente zu entdecken. Wir stellen
uns bereits auf die Rückfahrt nach Beirut ein, als Jan in einem
kleinen Geschäft auf der Suche nach Briefmarken durch einen Zufall
auf den Chef des Friseursalons trifft. Dieser hatte mich beim Betreten
des Ladens sofort erkannt, und ließ es sich nicht nehmen, uns in
Windeseile den Schlüssel zu organisieren, und mit uns über den
Friedhof zu laufen. Jan war von der Symbolik und dem mystischen
Grundkonzept der Anlage beeindruckt, und so wurde der letztlich
überraschende Besuch wohl zu einem kleinen finalen Highlight.
Gestern begann für mich erneut der Alltag an der Uni, und Jan
begleitete mich am Morgen in den Ethik-Kurs, bevor er mit dem
Mietauto zum Flughafen fuhr und letztlich sicher in Deutschland
landete. Eigentlich war der Plan, meinen Blog bereits gestern fertig
zu schreiben – allerdings kam mir ein Besuch mit Lydia im Emergency
Room dazwischen, die auf Grund einer verschleppten Blasenentzündung
letztlich für einige Stunden mit Antibiotika am Tropf hing. Jetzt
scheint es aber glücklicherweise wieder bergauf zu gehen. Der
heutige Morgen
Sea-Castell von Saida
begann mit dem üblichen Arab-Israeli-Conflict Seminar
an der AUB und mit einem unüblichen Gast: Der deutsche Botschafter des
Libanons war anwesend, um einen Abriss über die politische Haltung
Deutschlands gegenüber Israel und Palästina zu geben. Eine
spannende Abwechslung zum gängigen Unterricht. Bedauerlicherweise
findet in der kommenden Woche bereits die letzte Sitzung des Seminars
statt. Nur noch wenige Wochen liegen zwischen mir und meiner
Rückkehr, und noch immer ist einigermaßen unklar, wo es mich im
Anschluss hinführen wird. In den nächsten Wochen werde ich mich
neben dem Arabischunterricht vor allem mit einer Hausarbeit im
Ethik-Seminar befassen. Das Thema steht noch nicht fest, mittlerweile
habe ich aber immerhin eine gute Idee. Ich freue mich auf die letzten
Wochen im libanesischen Alltag, und werde von Tag zu Tag gespannter
auf meine noch ungewisse Zukunft in Deutschland.
Der
Lärm der Straße schallt in mein Zimmer, ich kann die Balkontür
endlich wieder öffnen und blicke auf die rosa Blüten der Bäume,
die in voller Pracht vor meiner Haustür blühen. Der Frühling hat
Beirut offiziell erreicht. Nachdem ich gestern Abend pünktlich zur
Deadline meine neue Geschichte fertiggestellt habe, finde ich nun
endlich Zeit, um von den Ereignissen der vergangenen zwei Wochen zu
berichten.
'Rosarot'
lautet der Titel meines zweiseitigen Jahresrückblicks, an dem ich in
den Wochen gefeilt habe. Gerne würde ich ihn als Entschädigung für
den ausbleibenden Blog der letzte Woche im Zedernwald zur Verfügung
stellen - da ich allerdings auf eine Veröffentlichung im
österreichischen UND-Magazin hoffe, werde ich ihn nicht bereits im
Vorfeld online publizieren.
Immer
wieder überrascht es mich, wie viele unzählige Stunden ich damit
verbringen kann, auf den Bildschirm zu starren, Assoziationsketten
auf Pappkartons zu kritzeln und Satz für Satz einen neuen Text zu
fabrizieren. So sehr ich es liebe, meine Zeit damit zu verbringen
Geschichten zu schreiben – 'Rosarot' war ein ziemlicher Kraftakt,
der mir jede Menge schlaflose Nächte und gleichzeitig viele
verschlafene Nachmittage bereitet hat. Der Text gliedert sich in vier
Abschnitte, die den Jahreszeiten entsprechen. Tag für Tag verschwand
ich in der jeweiligen Phase des vergangenen Jahres, und war
dementsprechend wenig am aktiven Alltag der letzten drei Wochen in
Beirut beteiligt.
Einige
Programmpunkte standen neben dem üblichen Uni-Alltag allerdings
trotzdem an:
Am
Mittwochabend der letzten Märzwoche gehen wir spontan mit Freunden
von Lydia indisch essen. Da mir jede Abwechslung im Speiseplan mehr
als willkommen ist, verdient dieser kurze Ausflug nach Mar Mikhael
Erwähnung. Das Menü ist gesetzt, und wird Gang für Gang serviert.
Der nette Abend in dem kleinen Restaurant hat seinen stolzen Preis:
Wieder einmal beweist Beirut, dass sich die Stadt nicht unbedingt
durch ihre studentenfreundlichen Kosten auszeichnet..
Am 23.
März wurde im Flüchtlingslager der Muttertag gefeiert. Nachdem wir
wochenlang zwei Lieder mit den fünf- und sechsjährigen geprobt
hatten, war ich einigermaßen aufgeregt, als die Kinder endlich die
Bühne betraten. Auf dem gesamten Hof hatten sich nahezu
ausschließlich Mütter und Großmütter ohne ihre Ehemänner
versammelt, um die Tänze und Gesänge der Kleinen und Großen zu
bestaunen und zu beklatschen. Nach ein paar kurzen Reden der Leitung
folgte ein buntes Programm. Es war nicht ganz leicht, die
Aufmerksamkeit der Kinder zu erhaschen um ihnen den Start des Liedes
zu signalisieren. Als das allerdings geschafft war, lief alles wie am
Schnürchen: Beide Gruppen haben ihre kurzen englischen Lieder zu
unserer großen Freude und Erleichterung fehlerfrei und textsicher
präsentiert. Seither werden wir bei unseren üblichen
Freitagsbesuchen regelmäßig mit den Muttertagsliedern begrüßt,
die den Kindern offenbar nicht mehr aus den Köpfen gehen.
Singen im Flüchtlingslager.
Ein
kleiner Erfolg, über den sich Maxie und ich sehr gefreut haben. Auch
unabhängig von dem kleinen Event ist es schön zu erleben, wie die
Kinder von Wiederholung zu Wiederholung immer textsicherer werden,
regelmäßig Liedwünsche äußern und freudig mittanzen und singen.
Nach
der Veranstaltung werden wir überraschend von einer jungen Französin
angesprochen, die für ihre Doktorarbeit über NGO's in
Flüchtlingslagern schreibt und sich für unsere Beweggründe
interessiert, die uns in den Libanon und zu den Kindern gebracht
haben.
Spontan
werden wir von ihr und einer ihrer Bekannten zum Mittagessen
eingeladen, die ebenfalls bei
Die jüngste Kindergartengruppe bei ihrem Auftritt
der Muttertagsfeier anwesend war.
Kurzerhand führt uns der Weg durch das Flüchtlingslager in die
kleine Wohnung der älteren Dame, die als syrische Palästinenserin
während des gegenwärtigen Krieges eine Unterkunft gleich neben dem
Lager gefunden hat. Sie teilt sich ein kleines Zimmer mit ihrer
Tochter, die in einem Bekleidungsgeschäft arbeitet. Es gibt Tee,
frische Pizza und gefüllte Spinattaschen, die wir auf dem Boden
sitzend gemeinsam essen. Durch die Übersetzungsfähigkeiten von
Doktorandin Layla erhalten wir die seltene Möglichkeit, einen kurzen
Einblick in das Leben der gastfreundlichen Frau zu erhalten. Mit
ihrem Ehemann habe sie in Dubai gelebt, erzählt sie – ein Leben in
dem sie noch im Besitz von drei Autos waren und es ihnen gut ging. Wo
ihr Mann jetzt ist, erzählt sie nicht. Trotzdem wirkt sie weder
klagend noch verbittert, sondern bescheiden und dankbar für das, was
sie hat. Ein beeindruckender Besuch.
Die Berge von Tannourine
Am
letzten Märzwochenende organisierte das 'Studienoberhaupt' der
N.E.S.T einen letzten Ausflug, bevor seine 'Amtszeit' kürzlich zu
Ende ging. Mit einem gemieteten Bus fuhren wir am frühen Morgen in
den Norden nach Tannourine, um eine kleine Wanderung zu unternehmen.
Nachdem ich bislang nur eine einzige Zeder auf einem Ausflug ins
'Shouf'-Gebirge gesehen habe, bot sich im Zedernreservat endlich
Gelegenheit, ein paar mehr der libanesischen Symbolbäume zu
Eine postkartenreife Zeder..
bewundern. Weshalb es die Zeder letztlich sogar bis auf die Flagge
geschafft hat, ist mir allerdings ehrlich gesagt nach wie vor eher
schleierhaft: Zwar ist der besondere Baum in mehreren Regionen des
Landes anzufinden – ob der Hype um das Kieferngewächs jedoch
berechtigt ist, bleibt in meinen Augen ein bisschen fragwürdig.
Dennoch genieße ich den Ausflug, auf dem uns von einem Guide die
Flora und Fauna erklärt wird, während wir durch den Schnee der
Berge spazieren. Der Sonntag steht ganz im Zeichen meiner Geschichte,
bis ich am Abend einen kleinen Shopping-Ausflug einlege und einige
Dinge für die Uni erledige. Die neue Woche vergeht im Flug, während
ich weiterhin Tag für Tag auf meiner Pferdedecke auf dem Boden
sitze, um meinen Text in Gedanken zusammenzupuzzlen und letztlich
aufs Papier zu bringen.
Arbeitsstation in meinem Zimmer
Im
Theaterworkshop wird am Donnerstag verkündet, dass wir für den
bevorstehenden Ostergottesdienst ein kleines Stück vorbereiten
werden. In den kommenden zwei Stunden versuchen wir, einige Szenen
der Ostergeschichte nachzuspielen. Im Anschluss wird gemeinsam
überlegt, wie sich die szenischen Elemente in den Gottesdienst
eingliedern lassen. In dieser Woche werden wir daran weiterarbeiten,
bevor pünktlich zum Ferienbeginn die vorösterliche Feier
stattfindet.
Das
letzte Wochenende begann mit einem Ausflug nach Dbayeh, einer kleinen
Industriestadt am Highway zwischen Beirut und Byblos. Meine
Physiotherapeutin hatte mir aufgetragen, ein Thera-Band zu besorgen.
An die 1 ½ Stunden dauert es, bis Maxie und ich das große
Shopping-Zentrum erreichen. Ärgerlicherweise finde ich die Bänder
nicht, halte ein anderes Produkt für das Richtige und tätige
schließlich einen überteuerten Fehlkauf. Also heißt es: Demnächst
erneut ins Shopping-Paradies, um das Band umzutauschen und das
Richtige zu erwerben. Im Chaos des hiesigen Verkehrs ist ein
derartiger Ausflug fernab der Stadtrgenzen jedes Mal aufs Neue ein
verhältnismäßig aufwändiges und vor allem zeitintensives
Unterfangen. Dafür entdecken wir ein 'deutsches Restaurant', in dem
es zwanzig verschiedene Biersorten und Schnitzel gibt. Die Wände
zieren die Farben der Deutschlandfahne und ein überdimensionierter
Reichsadler...
Am
Freitagabend stand nach längerer Zeit mal wieder ein Kinobesuch an:
Lydia und eine deutsche Freundin haben vor, sich den libanesischen
Film 'Mahbas' anzusehen. Kurzerhand beschließen Maxie und ich, uns
anzuschließen. Bei einer großen Portion karamellisiertem Popcorn
herrscht großartige Stimmung im Kinosaal, der nahezu bis auf den
letzten Platz besetzt ist. Während bei unseren bisherigen
Kinobesuchen das Publikum meist der libanesischen Oberschicht
anzugehören schien, zeigt sich an diesem Abend ein anderes Bild:
Dies mag daran liegen, dass es sich nicht um einen amerikanischen
Hollywood-Schinken, sondern um eine lokale Komödie handelt. Der Film
erzählt die Geschichte einer jungen Libanesin, die beabsichtigt,
sich mit einem Syrer zu verloben. Die Mutter, die ihren Bruder im
Krieg durch eine syrische Bombe verloren hat, wird am Tag der
Verlobung mit der syrischen Herkunft des Verlobten überrascht. Ein
großartiger Film, der einen treffenden Einblick in die
christlich-libanesische Gesellschaft vermittelt, und auch uns immer
wieder zum Lachen bringt.
Weitere Eindrücke aus Tannourine..
Am
kommenden Morgen mache ich mich erneut zu meiner Physiotherapeutin
auf, die mich auf Grund ihrer alternativen Arbeitsmethoden erneut
beeindruckt und im positiven Sinne sprachlos macht. Den Rest des
Wochenendes verbringe ich mit einer halben Flasche Wein, Oliven und
meiner Geschichte auf meinem Zimmer. Ich kann es kaum fassen, als ich
den Text am späten Abend endlich abschicken kann.
Die
neue Woche beginnt mit einem Besuch von zwei Brüdern aus Taizé, die
uns am heutigen Nachmittag einen kleinen Film über die
Begegnungsstätte gezeigt haben, für Fragen zur Verfügung standen
und die Andacht leiteten. Eine schöne Erinnerung an drei oder vier
vergangene Besuche in Taizé, die ich alle in bester Erinnerung habe.
Acht
Tage bleiben, bis Jan erneut in Beirut landen wird, und dieses Mal
für ganze zwei Wochen hier
bleibt. Ich habe in den letzten Wochen
fleißig die Tage gezählt, und freue mich riesig auf seinen Besuch.
Bis es soweit ist, gilt es noch jede Menge zu erledigen: Am Mittwoch
fahre ich mit Clemens in das Begegnungszentrum 'Dar al-Salam', um die
Kinder einiger deutscher Pfarrer zu bespaßen, die im Nahen Osten
tätig sind und nun für eine Konferenz in den Libanon kommen.
Außerdem muss ich für ein kurzes Paper über eine NGO Interviews
führen und mich zeitgleich auf die Abschlussklausur für den Kurs
bei Dr. Peter Ford vorbereiten. Heute ist außerdem Rike in Beirut
gelandet, eine alte Schulfreundin, mit der ich gemeinsam Abitur
gemacht habe. Sie ist Individualtourismus dankenswerterweise gewöhnt,
und kommt nicht spezifisch mich besuchen, sondern ist in erster Linie
hier, um das Land kennenzulernen. Dennoch wünschte ich, ich hätte
mehr Zeit, um ihr in den kommenden Tagen einige Orte zu zeigen. Nun
aber bleibt bereits für die verpflichtenden Programmpunkte bereits
kaum Zeit...
Umso
mehr freue ich mich, dass ich mich im Anschluss auf zwei Wochen
Ferien freuen kann, in denen ich gemeinsam mit Jan, Maxie, Lydia und
dem Besuch der Beiden das kleine Land bereisen werde.
Ob ich
bis dahin Zeit finde, einen weiteren Blog zu schreiben ist fraglich.
Realistischer scheint mir momentan, dass ich auch in den kommenden
drei Wochen eine Schreibpause einlegen werde, um Ende April mit
vielen neuen Geschichten zurückzukommen.